Verwaltung hält Kritik weiter zurück

Im Februar soll der Stadtrat von Sandersdorf-Brehna über den Auslegungsbeschluß der Teiländerung des Flächennutzungsplans beraten.

In den entsprechenden Abwägungen wird die umstrittene Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde als maßgebliches letztes Wort zum Thema Artenschutz betrachtet:

Die Untere Naturschutzbehörde hatte behauptet, daß es keine artenschutzrechtlichen Bedenken gäbe, da die Habitate der wertgebenden Arten durch Sanierungsmaßnahmen im Herbst 2022 zerstört worden seien.

Diese Ausführungen wurden durch die Staatliche Vogelschutzwarte Sachsen-Anhalt, die Naturschutzinitiative e.V. und die Bürgerinitiative grundlegend kritisiert. Deren Standpunkt ist, daß die betreffenden Habitate nicht zerstört wurden, sondern daß durch die Maßnahmen jene sogar vergrößert und optimiert wurden.

Indem dieser Standpunkt zurückgehalten wird, wird den Stadträten ein vollkommen falsches Bild hinsichtlich des Artenschutzes vorgegaukelt. Die genannten und von der Stadt zurückgehaltenen Einwände haben nämlich die Konsequenz, daß, wenn man ihnen folgt, eine derzeitige Akzeptanz der Teiländerung des Flächennutzungsplans gegen deutsches und europäisches Artenschutzrecht verstößt. Dieser Punkt wurde seitens der BI gegenüber der Verwaltung mehrere Male dargelegt. Der Verwaltung, die sonst so an der Korrektheit behördlicher Abläufe interessiert ist, scheint dieser Punkt vollkommen egal zu sein.

Die genannte Kritik wird durch die Verwaltung seit Monaten zurückgehalten. Die Stellungnahme der Bürgerinitiative liegt der Stadt seit dem 8. November 2023 vor. Das Schreiben der Staatlichen Vogelschutzwarte hat die Stadt am 7. Dezember 2023 erhalten. Die Naturschutzinitiative e.V. sowie die Bürgerinitiative haben außerdem jeweils mit einer Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Untere Naturschutzbehörde reagiert.

Im Abwägungsbericht findet sich kein einziges Wort zu den genannten kritischen Äußerungen. Die Abwägungen vermitteln den Anschein, daß es keinerlei Bedenken an den Äußerungen der Unteren Naturschutzbehörde gibt.

Die Stadt hat auf eine kritische Anfrage der Bürgerinitiative reagiert. Sie gibt an, daß nach einer anwaltlichen Prüfung die Aufnahme der Kritik nicht notwendig sei. Grund dafür ist, daß eine Zwischenabwägung zum Flächennutzungsplan ja streng rechtlich gesehen „eigentlich“ gar nicht notwendig sei.

Das ist eine interessante und neue Auslegung des Rechts. In der Wirklichkeit findet die Zwischenabwägung statt, egal, ob notwendig oder nicht. Die BI ist der Meinung, daß für diese Zwischenabwägung deswegen auch die Richtlinien gelten sollten, die für entsprechende Verfahren vorgesehen sind.

Die Stadt gibt weiterhin an, daß es ja eine neue Auslegung des Flächennutzungsplan geben wird und daß man die Kritik dann aufnehmen wird, ehe es zu einer letztendlichen Entscheidung des Stadtrats kommt.

Die logische Konsequent dieses Gedankengangs ist, daß eine Zwischenabwägung offensichtlich ein unwesentlicher Zwischenschritt ist, der den normalen Regeln eines Bauleitverfahrens nicht mehr entsprechen muß. Nach dem Motto: Warum grundlegende Stellungnahmen (die der Verwaltung seit Monaten bekannt sind) in einer Zwischenabwägung zum Thema machen, wenn ja später auch noch Zeit dafür ist?

Ist der Verwaltung schon einmal der Gedanke gekommen, daß eine faire Zwischenabwägung dazu führen könnte, daß die Stadträte den Flächennutzungsplan in seiner momentanen Form ablehnen? Das wird maßgeblich behindert, wenn man nicht passende Stellungnahmen wiederholt zurückhält.

Ein solches Vorgehen ist nichts anderes als Willkür.

Das selektive Vorgehen der Stadt wird auch durch folgende Tatsachen verdeutlicht:

Die Stadt hat im letzten Jahr ein Amtshilfegesuch an den Landkreis gestellt. Dieses Amtshilfegesuch wurde, wie schwarz auf weiß bewiesen werden kann, im Rahmen des Bauvorhabens „Nördlicher Teil der Kieswerkstraße“ gestellt, in dem es um den Bau des Solarparks und des Wasserstoffkraftwerkes geht. Es wurde im Oktober von der Unteren Naturschutzbehörde beantwortet. Diese Antwort stellt das umstrittene Schreiben dar, welches seitdem immer wieder im Mittelpunkt steht.

Mit der Teiländerung des Flächennutzungsplans soll das Plangebiet zwischen den Seen zu einem Sondergebiet für Erneuerbare Energien umgewandelt werden. Die beiden Bauleitverfahren sind thematisch eng miteinander verbunden. Nichtsdestoweniger sind es zwei verschiedene Bauleitverfahren.

Was hat die Stadt getan? – Sie hat eine wichtige Stellungnahme aus dem Bauleitverfahren „Nördliches Kieswerk“ in die Abwägungen zum Bauleitverfahren „Teiländerung Flächennutzungsplan“ übernommen und es in den „Abwägungen“ als maßgeblich hingestellt. Die unmittelbar darauf erfolgte Kritik verschiedenster Seiten dagegen ignoriert sie seit Monaten dagegen beharrlich und ohne stichhaltige Begründung.

Wie gesagt, das ist Willkür.

Entweder man ist konsequent und trennt die beiden Bauleitverfahren voll und ganz. Oder man übernimmt wichtige Stellungnahmen allgemein, wenn sie für das Verfahren abwägungserheblich sind, insbesondere, wenn sie so eng miteinander verflochten sind wie die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde und die Kritik an dieser.

Die BI versteht nicht, weshalb es der Verwaltung, besonders nach den Ereignissen im Januar, nicht möglich ist, eine halbe Stunde Zeit zu investieren und die beiden Stellungnahmen der Bürgerinitiative und der Staatlichen Vogelschutzwarte mit in die Abwägungen einzubeziehen.

Insbesondere, da der Stadt ein Schreiben ihrer eigenen Fachabteilung „Ordnung und Recht“ vorliegt, in dem die Stellungnahme der Unteren Vogelschutzwarte als „notwendige Unterlage“ und als „abwägungserheblich“ betrachtet wird. Dieses Schreiben wurde der Verwaltung am 19. Januar 2023 zugestellt. Genug Zeit, um die zwingend daraus resultierenden Schritte zu unternehmen.

In ihrer Antwort auf die Nachfrage der BI schreibt die Stadt:

„Die sogenannte „Zwischenabwägung“ bedeutet eigentlich nur, dass die Ratsgremien auf Grund der bislang vorliegenden Stellungnahmen das Verfahren fortführen und die Auslegung durchführen wollen.“

“ … auf Grund der bislang vorliegenden Stellungnahmen …“

Kann man sich deutlicher selbst widersprechen?

Fazit:

Die sogenannte „Zwischenabwägung“ wird, stand heute, zu einer absoluten Farce.

Für die Stadträte entscheidend ist, welche Stellungnahmen in den Abwägungen enthalten sind und welche nicht. Die Verwaltung zeigt nun deutlich und wiederholt, daß sie an einer auch nur minimal objektiven Diskussion offensichtlich nicht interessiert ist, aus welchen Gründen auch immer.

Fakt ist, daß die Verwaltung mit ihrem mittlerweile nur noch als unbegreiflich zu nennenden Vorgehen die Integrität des entsprechenden Bauleitverfahrens auf das Schwerste beschädigt.

Aus diesem Grund werden die Tagesordnungspunkte am Montag zur Sitzung des Wirtschafts-, Bau-, Ordnungs- und Umweltausschusses (WBOU) wie schon im Januar gerügt werden.

Wir hoffen, daß man der Rüge folgt und auf einem korrekten Abwägungsverfahren besteht. Falls nicht, wird ein Präzedenzfall geschaffen, der der behördlichen Willkür Tür und Tor öffnet. Das Vertrauen in eine ausgewogene Bauleitplanung wird damit grundlegend zerstört.

Wird auf der Tagesordnung beharrt, obwohl offensichtlich zu erkennen ist, daß die Stadt wesentliche Kritik zurückhält, wird geprüft werden, welche Möglichkeiten bestehen, dagegen rechtliche Mittel einzulegen.

Wir werden dazu Anfang nächster Woche mehr wissen.

Sitzung WBOU: Montag, 12. Februar, 17 Uhr Mehrgenerationenhaus.

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