Stadtrat stimmt in Zwischenabwägung gegen die Bürgereinwände

Am Mittwoch, den 24. Mai, stimmte der Stadtrat über die Einwände der Bürger gegen die Solaranlage ab. Er lehnte die Einwände mehrheitlich ab. Da es eine Zwischenabwägung war, besteht die Möglichkeit, gegen diese noch einmal Einwände zu erheben. Wir werden das tun, denn es ist wirklich dringend notwendig.

Das Verfahren steht auf einem Fuß und dieser Fuß ist überaus wacklig. Das Planbüro, welches die Einwände „abwog“, ist vom Projektträger, ISM-Bau, beauftragt worden. In klaren Worten: Es ist nicht im Mindesten unabhängig. Das merkt man den „Abwägungen“ in sehr vielen Punkten deutlich an. Aus diesem Grund stellte Udo Mölle (Souveränes Forum) einen Antrag, die betreffenden Punkte aufgrund von Befangenheit von der Tagesordnung zu nehmen. Das wurde durch den Stadtrat leider abgelehnt.

Es wäre schön gewesen, über die Widersprüche beziehungsweise zum Teil sehr verzerrten Darstellungen der „Abwägungen“ vor den Stadträten reden zu können – zum Beispiel in Form von Fragen, die wir dem Planbüro stellen wollten. Aber das war leider verboten. Es wäre ein „Vorgriff“ auf das weitere Planverfahren gewesen, so der Stadtratsvorsitzende Mario Schulze (Unabhängiges Bündnis). So kam es, daß der Stadtrat zwar die Meinung des Planbüros zu den Einwänden und „Abwägungen“ erfuhr, aber die entgegengesetzte Darstellung nicht, weil dies dem Ablauf des Verfahrens widersprochen hätte.

Unter dem Strich hat der Stadtrat also über die „Abwägungen“ eines parteiischen Planbüros abgestimmt, ohne daß die Gegenseite auf die „Abwägungen“ eingehen durfte. Das mag mit Gesetzen formell übereinstimmen. Fair oder sachlich ist es deswegen nicht.

Die Bürgerinitiative hatte sich auf Fragen an das Planbüro vorbereitet. Da solche nicht möglich waren und wir auch anderweitig nicht auf die „Abwägungen“ eingehen durften, sprachen wir über die Bedeutung des Plangebietes und die Chancen für die Stadt, die mit einem mittelfristig zu realisierenden größeren Naherholungsgebiet zwischen den drei Seen und um diese herum einhergehen würden.

Herr Kahsche (Unabhängiges Bündnis) argumentierte, daß das Plangebiet ja nur „ein Drittel“ des Kieswerks umfasse. Gerade noch hatten wir die Lage des betreffenden Geländes zwischen Strandbad, Köckernsee und dem nördlichen Kieswerksee als die Grundvoraussetzung für ein mögliches Naherholungsgebiet hervorgehoben, aber auf diesen Punkt wurde überhaupt nicht eingegangen. Herr Kaltofen (CDU) sprach die Finanzierbarkeit an, obwohl wir vor wenigen Minuten erst ausgeführt hatten, daß Beispiele anderer renaturierter Kieswerke in Deutschland ganz verschiedene Optionen darbieten, darunter die, daß das Kieswerk sein Gelände behält und Wegerechte vereinbart werden, die Nutzung im besten Fall also wenig bis gar nichts kostet. Ein weiterer Punkt ist die Tatsache, daß das Gelände „Konversionsboden“ ist. Mario Schulze (Unabhängiges Bündnis) sprach sich dagegen aus, ein solches Gelände zu erwerben. Wir fragen an dieser Stelle: Warum? Wir haben dargelegt, daß auf dem Boden des Plangebietes ökologisch wertvolle Magerrasenstrukturen wachsen und später Büsche und kleinere Bäume. An der Goitzsche sind auf noch ärmeren Böden – ebenfalls oft Konversionsböden – wunderschöne Landschaften aus einem Mix aus Magerrasen, Büschen und Bäumen entstanden, die heute zum Spazierengehen einladen. Es gibt nicht einen sachlichen Grund, daß der Boden des Plangebietes einer Nutzung zur Naherholung in irgendeiner Weise entgegenstehen sollte.

Herr Kahsche und Herr Kaltofen sprachen auch das Thema Energiewende an. Das Thema sei von „überragender Bedeutung“ (Herr Kaltofen). Die Kommune „habe einen klaren Auftrag vom Staat“ (Herr Kahsche).

Die entscheidende Frage: Warum müssen Solaranlage und Wasserstoffkraftwerk unbedingt an dieser Stelle errichtet werden? wurde nicht gestellt.

Leider ging es in der Diskussion nur am Rand um Themen, die sich direkt mit den Einwänden und „Abwägungen“ befasst haben. Einen guten Teil der Zeit kritisierten verschiedene Stadträte, besonders Herr Kaltofen und Herr Kahsche, die geplante Bürgerumfrage zu dem Thema. Als darauf hingewiesen wurde, daß es 2016 auch eine gab, als es um die geplante Solaranlage am Köckernsee ging, hieß es beispielsweise, daß die Situation heute eine andere sei. Herr Kahsche wies darauf hin, daß es ja um ein Privatgelände ginge und man deswegen keine Umfrage machen könne. Allerdings befand sich das Gelände, um das es 2016 ging, ebenfalls in privater Hand (Blausee-GmbH). Da 2016 eine Umfrage möglich war, erschließt sich uns der Unterschied zwischen Privatbesitz 2016 und Privatbesitz 2023 nicht.

Die Bürgermeisterin Frau Syska verteidigte mehrere Male die Umfrage und stellt sich damit hinter die Art und Weise, wie auch 2016 unter Bürgermeister Andy Grabner (CDU) mit dem Thema umgegangen wurde.

Die Umfrage ist die einzige Möglichkeit, ein Meinungsbild der Einwohnerschaft von Sandersdorf-Brehna zu bekommen. Schade, daß es darüber überhaupt Diskussionen gibt. Es geht um ein Thema, welches die Bürger sehr direkt betrifft. Warum sollten Stadträte, die die Menschen unserer Stadt repräsentieren und vertreten, Angst vor der Meinung jener Menschen haben, die sie gewählt und die ihnen ihr Vertrauen ausgesprochen haben?

Wir haben den Eindruck, daß der Stadtrat sich der möglichen zukünftigen Bedeutung des betreffenden Gebietes mehrheitlich nicht bewußt ist. Es war halt Tagebau, dann Kieswerk. Ein blinder Fleck innerhalb der Gemeinde. „Ein städtebaulicher Mißstand“, wie das Planbüro schreibt. Es ist hart, auf solche Dinge vor einer wichtigen Abstimmung nichts erwidern zu dürfen. Keine Bilder des „Mißstandes“ zeigen zu können, die zweifellos belegen, wie einseitig die Behauptungen des Planbüros nicht nur in diesem Punkt sind.

Wir hoffen, daß es doch noch etwas belebtere Diskussionen um die einzigartige Chance, diese Gegend mittelfristig für die Naherholung zu nutzen, geben wird. Im Augenblick sieht es so aus, als würde unsere Stadt diese historische Gelegenheit wie man sagt „für einen Appel und ein Ei“ weggeben. Die derzeitige Diskussion um den Verkauf der Goitzsche zeigt, daß Einsicht manchmal leider viel zu spät kommt. Auch wenn unsere Stadt nicht Eigentümer des Geländes ist, so ist es doch sie, die die Richtungsentscheidung vorgibt, ob diese Fläche für die Naherholung oder für die Industrialisierung verwendet wird.

Wir betonen es an dieser Stelle ein weiteres Mal: Unsere Bürgerinitiative setzt sich – weil es die vernünftigste Lösung ist – für einen passenderen Ort für Solaranlage und Wasserstoffkraftwerk ein. Beides ausgerechnet zwischen den drei Seen zu bauen, ist eine Verschwendung zukünftigen städtebaulichen Potentials, für die uns nahezu die Worte fehlen.

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