Update Abwägung Februar

In den letzten Wochen ging es hin und her. Wie bereits dargelegt hatte der WBOU (Wohn-, Bau-, Ordnungs- und Umweltausschuß) die Punkte zur Teiländerung des Flächennutzungsplans am Montag, den 12. Februar, von der Tagesordnung genommen. Grund war, daß die Verwaltung es zum wiederholten Mal versäumt hatte, dem Abwägungsbericht die fehlenden Unterlagen beizufügen. Dieser Punkt wurde auch am Mittwoch, den 14. Februar, im HFA (Haupt- und Finanzausschuß) diskutiert. Im Gegensatz zum WBOU ließ man hier die entsprechenden Punkte trotz Rüge auf der Tagesordnung. Gleichzeitig wurde der Bürgerinitiative und einem für sie anwesenden Fachmann für Natur- und Artenschutz das Rederecht verweigert. Das führte zu einer äußerst einseitigen und fachlich inkorrekten Diskussion. Von einer „Abwägung“ im Sinne des Wortes konnte keine Rede sein. Wichtige Sachverhalte wurden teilweise vollkommen falsch dargestellt, ohne daß die Gegenseite die Möglichkeit hatte, darauf zu antworten. Mehr dazu weiter unten in unserer Schilderung der Sitzung.

Der HFA stimmte der Zwischenabwägung zu. Zwei Tage später, am Freitag, kam es zu einer Überraschung. Laut der Bürgermeisterin wurden die Tagesordnungspunkte zum Flächennutzungsplan auf Wunsch des Investors im Februar von der Tagesordnung genommen. Die Stadt plant die Zwischenabwägung nun im März, hoffentlich dieses Mal unter Einbeziehung der fehlenden Unterlagen.

Weshalb der Investor diesen Wunsch geäußert hat, wurde nicht gesagt.

Im Folgenden geben wir nun die Diskussion im HFA wieder. Wir kritisieren zwei Dinge grundlegend:

  1. Die Mehrheit der anwesenden Stadträte hatte kein Problem damit, daß wichtige Unterlagen für die Zwischenabwägung gefehlt haben. Es geht hierbei erstens um Unterlagen, die der Stadt seit Anfang November und Anfang Dezember vorliegen. Zweitens sind es Unterlagen, die für eine Abwägung von höchster Wichtigkeit sind. Drittens wäre es nur ein minimaler Aufwand für die Verwaltung gewesen, den Abwägungsbericht zu vervollständigen.
  2. Der Gegenseite das Rederecht zu verweigern, verstärkt natürlich die Zweifel, inwieweit es den Räten um eine faire Abwägung geht, immens.

Zu Beginn der Sitzung wurden die entsprechenden Tagesordnungspunkte von Nico Trübner (AFD) aus den genannten Gründen gerügt.

Die Rüge wurde durch die Vorsitzende des Ausschusses, Steffi Syska, abgewiesen. Sie verwies darauf, daß die Unterlagen Teil der endgültigen Abwägung sein werden und nicht verloren sind. Herr Trüber stellte daraufhin den Antrag, die Tagesordnungspunkte abzusetzen, was mehrheitlich abgelehnt wurde.

Außerdem stellte Herr Trüber den Antrag, einem Mitglied der Bürgerinitiative sowie einem anwesenden sachkundigen Gast ein Rederecht in der folgenden Diskussion zu gewähren. Auch das wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Stadträte Jan Sittig (CDU), Torsten Kaltofen (CDU) und Hinrich Nowak (Grüne) stimmten gegen die Gewährung des Rederechts. Bürgermeisterin Steffi Syska enthielt sich der Stimme ebenso wie Reinhard Kahsche (Unabhängiges Bündnis). Nico Trübner befürwortete das Rederecht als einziger Stadtrat.

Aufgrund der Einseitigkeit der folgenden Darlegungen fand eine „Abwägung“ im Sinne des Wortes praktisch nicht statt.

Herr Perk vom Planungsbüro des Investors stellte wichtige Zusammenhänge einleitend falsch dar. Das betrifft vor allem die Diskussion um die fehlenden Unterlagen und das Schreiben der Staatlichen Vogelschutzwarte.

Herr Perk berief sich hinsichtlich der Unterlagen darauf, daß es sich um eine „Zwischenabwägung zum Stand X“ handle. Damit meinte er wahrscheinlich die Stellungnahmen, die innerhalb der Beteiligung der Öffentlichkeit im Juni/Juli 2023 eingegangen waren. Mit diesem engen zeitlichen Rahmen wollte Herr Perk erklären, weshalb bestimmte Unterlagen nicht im Abwägungsbericht zu finden sind.

Folgt man den Ausführungen von Herrn Perk, dann hätte das Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) nicht Teil dieser Abwägung sein dürfen. Das Schreiben der UNB ging bei der Stadt erst im Oktober 2023 ein. Monate nach der öffentlichen Auslegung. Desweiteren ist das Schreiben der UNB eindeutig Teil des Bauleitverfahrens „Nördlicher Teil des Kieswerkes“, nicht der Änderung des Flächennutzungsplans. Es ist natürlich verständlich, wichtige Informationen aus dem einen Bauleitverfahren mit in das andere zu übernehmen, da es sich um ein Parallelverfahren handelt, was dieselben Aspekte behandelt. Zwingend notwendig wäre es dann allerdings, auch die beiden Schreiben, die sich explizit auf die Stellungnahme der UNB beziehen, mit in die Zwischenabwägung einzubeziehen. Diese drei Schreiben sind ein Paket und gehören zusammen.

Darauf ging Herr Perk nicht im Ansatz ein.

Allerdings erwähnte Herr Perk das Schreiben der Staatlichen Vogelschutzwarte von selbst. Er versuchte, dessen Inhalt als positiv für das Bauvorhaben umzuinterpretieren. Die Staatliche Vogelschutzwarte hat in ihrem Schreiben eindeutig festgestellt, daß:

„Mögliche Verschlechterungen des Lebensraums (u.a. durch die Errichtung von PV-Anlagen) (…) daher zu vermeiden“ wären „bzw. (…) durch großflächige Ersatzmaßnahmen (Schaffung von Rohbodenflächen im Umfeld)“ augeglichen werden müßten.

Den Verweis, daß eine Bebauung zu vermeiden sei, unterschlug Herr Perk vollständig. Er unterstellte der Vogelschutzwarte außerdem, daß sie das alle paar Jahre stattfindende Plaggen (das Ausstechen des Oberbodens) – eine Maßnahme, die der derzeitige Abwägungsbericht vorschlägt – als ausreichend erachte, um den Lebensraum des Brachpiepers zu bewahren.

Damit wird das Schreiben der Vogelschutzwarte mißverstanden. Dessen Inhalt spricht von „großflächigen Ersatzmaßnahmen“ und der Schaffung von „Rohbodenflächen im Umfeld“. Es bezieht sich nicht, wie Herr Perk es darstellt, auf das Plangebiet. Herr Perk ist Fachmann genug, um zu wissen, daß mit den Ausführungen der Staatlichen Vogelschutzwarte ein angemessenes Ersatzhabitat in der näheren Umgebung gemeint ist.

Das wurde den Stadträten verschwiegen. Die Notwendigkeit der Schaffung eines Ersatzhabitates ist eine unerläßliche Bedingung, um nicht gegen das nationale und europäische Artenschutzrecht zu verstoßen.

Die Sitzung im HFA wäre eine Gelegenheit gewesen, dieses Problem bereits jetzt zu thematisieren. Die verzerrte Darstellung durch Herrn Perk sowie die kontraproduktive Verweigerung des Rederechts für die Bürgerinitiative hat das verhindert.

Stadtrat Udo Mölle (Souveränes FORUM) kritisierte in diesem Zusammenhang folgerichtig die fehlenden Unterlagen. Er wies darauf hin, daß Stadträte nicht rechtzeitig informiert werden und wichtige Aspekte nicht im Vorfeld diskutiert werden können. Je früher man die Stadträte einbeziehe, umso eher schaffe man Transparenz.

In der Sitzung des HFA war leider das Gegenteil der Fall.

In der Diskussion äußerte sich auch Stadtrat Hinrich Nowak noch einmal ausführlich zu verschiedenen Aspekten.

Er warf „gewissen Rednern“ (damit meint er wahrscheinlich die Bürgerinitiative beziehungsweise kritische Stadträte) vor, das „ABC der Kommunalpolitik“ nicht zu verstehen. Sie begriffen nicht, „was ein vorläufiger Prozeß“ und was „ein baurechtliches Genehmigungsverfahren“ sei. Es sei ein Irrtum, zu denken, daß mit der Zwischenabwägung alles „in Sack und Tüten“ sei.

Mit diesen Worten griff er die Argumentation der Verwaltung auf, daß es sich ja „nur“ um eine Zwischenabwägung handle und alle fehlenden Unterlagen später noch eingereicht werden können. Damit stellte er das Interesse am schnellen Fortgang des Verfahrens als maßgeblich und gegenüber einer sauberen Abwägung als übergeordnet dar.

In dieser Beziehung widerspricht die BI Herrn Nowak. Entgegen seiner Unterstellung ist es uns bewußt, daß es sich um eine Zwischenabwägung handelt. Wir weisen Herrn Nowak an dieser Stelle darauf hin, daß auch eine Zwischenabwägung, wenn man sich einmal entscheidet, sie stattfinden zu lassen, Teil eines „baurechtlichen Genehmigungsverfahrens“ und kein Akt der Willkür ist. In einer Zwischenabwägung soll den Stadträten eine Zusammenfassung gegeben werden. Die Stadträte haben theoretisch das Recht, das Verfahren an dieser Stelle zu beenden, insofern sie der Meinung sind, daß die Fakten dagegensprechen. Hält man diese Fakten aber einseitig zurück, verhindert oder erschwert man eindeutig eine sachliche Meinungsbildung. Eine „Abwägung“ ist in diesem Fall natürlich nicht möglich, da man aufgrund der ignorierten Kritik gar nicht „abwägen“ kann. Damit wird der Sinn der Zwischenabwägung entstellt. Die BI ist der Ansicht, daß es besser wäre, vier Wochen mehr Zeit einzuplanen und dann eine korrekte Zwischenabwägung abzuhalten. Das ist einem übereilten Fortgang des Verfahrens eindeutig vorzuziehen.

Herr Nowak zweifelte außerdem an, daß die fehlenden Unterlagen überhaupt Teil der Abwägung hätten sein müssen. Einerseits begründete er das damit, daß die Bürgerinitiative kein „Träger öffentlicher Belange“ sei. Wir nehmen an, daß er damit auf das Schreiben der BI anspielte, welches der Stadt Anfang November zugeschickt wurde. In diesem kritisiert die BI die Darlegungen der Unteren Naturschutzbehörde vom Oktober 2023.

Im Baugesetzbuch steht eindeutig, daß alle Stellungnahmen, die der Stadt vorliegen und die neue Inhalte aufweisen, in einer Abwägung genannt werden müssen. Eine Reduzierung auf „Träger öffentlicher Belange“ wird dort nicht erwähnt. Insofern sieht die BI keinen Grund, die Stellungnahme der BI in der aktuellen Zwischenabwägung außen vor zu lassen. Ganz zu schweigen natürlich von jener der Staatlichen Vogelschutzwarte.

Zum anderen kritisierte Herr Nowak die Tatsache, daß die Stellungnahme der Staatlichen Vogelschutzwarte privat an den Vorsitzenden der Bürgerinitiative, Paul Mittelsdorf, geschickt wurde, nicht an die Stadt, nicht an das Planungsbüro und nicht an die Untere Naturschutzbehörde.

Herr Nowak lenkt damit vom Inhalt und damit von einer sachorientierten Diskussion ab. Natürlich wurde das Schreiben Herrn Mittelsdorf zugestellt. Er ist es schließlich gewesen, der die Staatliche Vogelschutzwarte um eine Stellungnahme gebeten hat. Als ihn diese Stellungnahme am 7. Dezember 2023 erreichte, sandte er das Schreiben sofort an die Verwaltung der Stadt Sandersdorf-Brehna weiter. Die Bauleitplanung ist Aufgabe der Stadt Sandersdorf-Brehna, nicht die von Herrn Mittelsdorf. Die BI hat die Verwaltung auf die Bedeutung des Schreibens der Staatlichen Vogelschutzwarte für das Verfahren mehrfach hingewiesen. Die Weiterleitung des Schreibens an Stadträte, das Planungsbüro, die Untere Naturschutzbehörde usw. ist nach unserer Ansicht Aufgabe der Verwaltung, nicht die der Staatlichen Vogelschutzwarte oder der Bürgerinitiative.

Wenn die Verwaltung oder aufmerksame Stadträte das als formelles Problem betrachten, dann hätten sie sich jederzeit an die Staatliche Vogelschutzwarte wenden und um eine ihrer Ansicht nach korrekte formelle Zustellung bitten können.

Das wurde unterlassen. Auch Herr Nowak hat angemerkt, daß er das Schreiben nicht überprüft und die Vogelschutzwarte nicht kontaktiert habe. Die Gelegenheit hat er gehabt, beziehungsweise er hätte, wenn er meint, daß ein formeller Fehler vorliegt, die Verwaltung um Klärung bitten können.

All das ist nicht geschehen.

Die von Herrn Nowak angesprochenen Aspekte ändern zudem nichts am Inhalt des Schreibens. Von diesem durch formelle Spiegelfechterei abzulenken, hat nichts bewirkt, außer, daß man eine Gelegenheit verpaßt hat, das Thema frühzeitig zu besprechen. Damit sind wir wieder bei dem grundlegenden Punkt, daß wichtige Unterlagen nicht weitergeleitet werden und die Stadträte mit fragmentarischen und einseitigen Unterlagen konfrontiert sind. Diese Intransparenz führt vollkommen zurecht zu Irritationen.

Herr Nowak ging schließlich auch inhaltlich auf das Schreiben der Vogelschutzwarte ein. Er kritisierte, daß die Monitoringdaten bis zu 15 Jahre zurücklägen und aktualisiert werden müßten. Brachpieper, die damals da waren, wären bereits tot. Man müßte nachprüfen, ob neue Brutpaare da wären.

Unserer Ansicht nach bringt Herr Nowak hier einiges durcheinander. Die Monitoringdaten, die die Staatliche Vogelschutzwarte anführt, belegen, daß es sich im Fall des Plangebietes und seiner Umgebung um ein traditionelles Brutgebiet des Brachpiepers handelt.

Man hat im Jahr 2021 im Rahmen des Umweltberichtes eine Neukartierung durchgeführt. Bei dieser wurde der Brachpieper im Plangebiet festgestellt.

Aus diesem Grund können wir nicht einordnen, was Herr Nowak an den Monitoringdaten der Staatlichen Vogelschutzwarte auszusetzen hat.

Eine Neukartierung, wie er sie vorschlägt, läßt sich als Konsequenz aus dem Schreiben der Staatlichen Vogelschutzwarte an keiner Stelle herauslesen. Wenn Herr Nowak eine solche trotzdem fordert, wäre das einzig im Zusammenhang mit den Schlußfolgerungen der Unteren Naturschutzbehörde verständlich. Allerdings stellt sich an dieser Stelle die Frage: Hat Herr Nowak sich die Stellungnahme der UNB aufmerksam durchgelesen? Denn in dieser spricht sich die Behörde klar gegen eine Neukartierung in dieser Phase der Bauleitplanung aus. Die Gründe hierzu erläutert sie nicht.

Es ist schade, daß Herr Nowak – indem er der BI mit seiner Stimme das Rederecht verweigert hat – dazu beigetragen hat, daß man keinerlei Fragen stellen konnte, um seine Ansichten verständlich einzuordnen. Es entstand der Eindruck, daß Herr Nowak entscheidende Stellen im Umweltbericht (Kartierung 2021) und im Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde (keine neue Kartierung in dieser Phase der Bauleitplanung) nicht bekannt sind. Zudem verwechselt er Monitoringdaten, die die Anwesenheit über einen längeren Zeitraum dokumentieren, mit aktuellen Kartierungen, die eine Ansiedlung in der jüngeren Vergangenheit belegen. Damit versteht er das Schreiben der Staatlichen Vogelschutzwarte, aus welchen Gründen auch immer, falsch.

Außerdem kam Herr Nowak noch einmal auf die erfolgte Rüge im Januar zurück. Er nannte diese „nicht rechtens“. Offensichtlich ist er der Meinung, daß wichtige fehlende Unterlagen bei einer Zwischenabwägung kein Problem darstellen.

Diese Verteidigung einer fachlich inkorrekten Abwägung ist ein Rätsel. Zudem dieses unverständliche Vorgehen absolut unnötig ist. Der Arbeitsaufwand, die beiden fehlenden Stellungnahmen einzuarbeiten und den Abwägungsbericht an einer Stelle umzuschreiben, beträgt maximal eine halbe Stunde.

Warum wird ein so eindeutig falsches Vorgehen derart verbissen verteidigt?

In der Einwohnerfragestunde hat die BI der Bürgermeisterin die Frage gestellt, was die Verwaltung daran gehindert hat, die fehlenden Unterlagen einfach mit einzubinden?

Sie verwies darauf, daß die Unterlagen ja nicht verloren seien und später Berücksichtigung finden würden.

Damit hat sie die Frage nicht beantwortet.

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